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Prinzip

Wenn man weiß, dass warme Luft sich ausdehnt und kalte Luft sich wieder zusammenzieht, hat man die Grundlage des Stirlingmotors verstanden.
Wenn man ein abgeschlossenes Luftvolumen mit einem kleinen Zylinder plus Kolben versieht und dann erwärmt, wird der kleine Kolben nach oben gedrückt, beim Abkühlen der Luft wieder nach unten bewegt.
Wird die Luft nun abwechselnd erwärmt und wieder abgekühlt, so wird sich der Kolben im selben Rhythmus bewegen.
Mit einer Kurbel kann die Auf-Abbewegung des Kolbens in eine Drehbewegung verwandelt werden.
Und damit ist unser Stirlingmotor im Prinzip fertig!

Im Prinzip! Denn zwei technische Details müssen noch geklärt werden:
  • Bei der Umwandlung der Auf-Abbewegung in eine Drehbewegung gibt es am oberen und unteren Totpunkt ein Problem. (Das wir so ähnlich auch beim Fahrradpedal schon hatten.)
    Dieses Problem lässt sich aber einfach durch ein Schwungrad auf der Kurbelwelle lösen.
  • Das zweite Problem ist schwieriger: "Wie kann ich die Luft in schneller Folge erwärmen, abkühlen, erwärmen usw.?"
    Dieses Problem wurde 1816 vom damals 25-jährigen Robert Stirling (einem schottischen Geistlichen) so gelöst:
Das abgeschlossene Luftvolumen befindet sich in einem Zylinder, der im unteren Teil heiß und im oberen Teil kalt ist. Ein "Verdrängerkolben" schiebt die eingeschlossene Luft einmal in den heißen Teil, dann in den kalten Teil, dann wieder in den heißen Teil usw.
Der Verdrängerkolben darf natürlich nicht dicht abschließen, die Luft soll ja an ihm vorbei strömen können.
Wie man sieht, bewegt sich der Verdrängerkolben synchron zum Arbeitskolben, so dass die Bewegung des Verdrängerkolbens von der Kurbelwelle gesteuert werden kann.
Und damit ist unser Stirlingmotor jetzt wirklich fertig!

Bis auf einige Feinheiten...
Der zeitliche Ablauf von Verdrängerkolbenbewegung und Arbeitskolbenbewegung ist in obiger Grafik vereinfacht dargestellt:
Die beiden Kolben dürfen sich nicht in Phase bewegen sondern der Verdrängerkolben muss dem Arbeitskolben um eine viertel Umdrehung voraus sein, unter anderem, da die Temperaturänderung der verschobenen Luft Zeit braucht. Die Phasenverschiebung lässt sich aber einfach erreichen, wenn man den Hebel für den Verdrängerkolben um 90 Grad gegenüber dem Hebel für den Arbeitskolben versetzt.
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Tipps zum Aufbau

Es gibt eigentlich nur zwei wesentliche Tipps:
  • Der wichtigste ist: So dicht wie möglich! Das abgeschlossene Luftvolumen sollte möglichst 100% luftdicht eingeschlossen sein. Diese Forderung läßt sich nur schwer erfüllen, da erstens eine Durchführung für den Verdrängerkolben nötig ist und zweitens ein Kolben selten luftdicht in einem Zylinder gleitet.
  • Die zweite ist: So reibungsarm wie möglich! Diese Forderung steht zum Teil im Widerspruch zur ersten: Wenn der Arbeitskolben sich reibungsarm im Arbeitszylinder bewegen soll, wird die Dichtigkeit ein Problem.
Die Durchführung der Stange für den Verdrängerkolben kann man relativ luftdicht bekommen, wenn man eine Metallhülse mit geringfügig größerem Innendurchmesser als die Verdrängerstange als Durchführung wählt und zum Abdichten einen winzigen Tropfen Nähmaschinenöl verwendet.
Um den Arbeitskolben dicht und reibungsarm zu bekommen, wird häufig der Tipp gegeben, keinen Kolben sondern eine Membran zu verwenden. Dieser Tipp ist nur bei Stirling-Modellen mit geringer Leistung sinnvoll, aber uns genügt vorerst, dass das Modell überhaupt läuft, ohne irgendetwas anzutreiben.
Es können fertige Membranen erworben werden, aber für kleine Modelle kann man eine Vinylmembran einfach aus einem Einweghandschuh erstellen, indem man von diesem einen Finger abschneidet und als Membran verwendet.
Als Hauptzylinder können ausgediente Konservendosen dienen (dann ist die Bewegung des Verdrängerkolbens natürlich nicht zu sehen) oder man verwendet Metallplatten als Boden und Deckel und baut die Wand aus Acryl.
Der Verdrängerkolben sollte aus sehr leichtem Material bestehen - und je nach Heizung des Motors (Vergessen wir nicht: der untere Teil des Zylinders muss heiß sein!) muss das Material des Verdrängerkolbens auch hitzefest sein. Styropor ist hier weniger geeignet. Für Motoren, die mit Heißwasser betrieben werden (Temperatur unter 100 Grad) ist Schaumstoff geeignet. Soll mit Teelichtern oder auch Sonnenenergie über Parabolspiegel geheizt werden, hat sich Blumensteckschwamm bewährt. Dieses Material benutzen Blumengeschäfte, um ihren Gestecken festen Halt zu geben. Dieses Material hat den Nachteil, etwas bröselig zu sein, so dass es - nachdem es in die passende Form gebracht wurde - mit Wasserglas (Drogerie oder Apotheke) überzogen werden sollte.
Die Kurbelwelle kann aus Stahldraht gebogen werden. Damit die Stangen für den Arbeitskolben und den Verdrängerkolben reibungsarm gelagert werden können, wird manchmal empfohlen, Plastiklager zu verwenden.
Verwendet man eine Vinylmembran wie oben erwähnt, so wird der Hub selten mehr als plusminus 5 mm betragen, die Auskragung der Kurbelwelle für den Arbeitskolben wird also um die 5 mm sein. Die Auskragung für den Verdrängerkolben (wir erinnern uns: um 90 Grad versetzt.) hängt ab vom Hub des Verdrängerkolbens. Gebräuchlich sind Hauptzylinder mit im Vergleich zum Arbeitszylinder relativ großem Durchmesser - dann ist der Hub des Verdrängerkolbens geringer - oder auch solche, bei denen der Durchmesser geringer aber dafür der Hub größer ist. Der Verdrängerkolben darf auf keinen Fall unten oder oben anstoßen, aber er sollte oben und unten auch nicht viel "toten Raum" lassen. Die Auskragung der Kurbelwelle für den Verdrängerkolben beträgt die Hälfte seines Hubs.
Bei der Planung sollte man auf möglichst kleines "totes Volumen" achten, das ist der Teil der Luft, der nicht vom Verdrängerkolben verschoben wird.
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Tipps zum Tuning

Die einfachste Maßnahme ist, das Schwungrad auszuwuchten.
Wenn die Dichtigkeit gegeben ist (Sonst evtl. mit Seifenwasser testen.) geht es darum, die Reibung zu reduzieren. Wenn die Vinylmembran nicht frei schwingen kann, erzeugt sie nicht unbeträchtliche Reibung, auch ein Verkanten der Pleuel an der Kurbelwelle ist unerwünscht.
Da der Motor nur läuft, wenn eine Temperaturdifferenz zwischen dem oberen und unteren Teil des Hauptzylinders besteht und unten ständig geheizt wird, ist es sinnvoll am oberen Teil für gute Kühlung zu sorgen.
Der Wirkungsgrad des bisher vorgestellten Stirlingmotors ist recht schlecht, da Wärmeenergie fortwährend durch die Luft vom unteren Teil zum oberen Teil transportiert wird und am oberen Teil an die Umgebung abgegeben wird. Für wirtschaftlich arbeitende Motoren (und wenn man höhere Leistung anstrebt), dann ist ein Regenerator nötig.
Der Regenerator ist ein Wärmespeicher (Z.B. etwas Stahlwolle in Öffnungen des Verdrängerkolbens, durch die die Luft strömt.) Wird die erwärmte Luft durch den Verdrängerkolben mit Regenerator in den kalten Bereich verdrängt, so gibt sie dabei Wärmeenergie an den Regenerator ab. Beim umgekehrten Vorgang wird sie dann vom Regenerator "vorgeheizt". Der Regenerator ist bei Leistungs-Stirlingmotoren unabdingbar, da er wertvolle Energie zwischenspeichert.
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Beispiel


Das Beispiel zeigt ein aus ausgestanzten Pappeteilen, Aluplatten und Acrylstreifen zusammengebautes Modell der Firma Astromedia. Der Hauptzylinder hat einen Durchmesser von ca. 12cm und eine Höhe von 1,7cm. Der Arbeitszylinder hat einen Durchmesser von 2cm, der Arbeitszylinder ist eine Vinylmembran mit einem Hub von 0,8cm und einem oberen "Arbeitskolben" von 1,5cm.
Der Verdrängerkolben hat einen Durchmesser von knapp 12cm und eine Höhe von 0,5cm.


Das obere Bild zeigt die Vinylmembran als Arbeitskolben und die Durchführung der Stange für den Verdrängerkolben. Die kleinen Silikonschlauchstücke dienen als Verbindung und als Gelenk.
Das untere Bild zeigt eine Lagereinheit der Kurbelwelle. Die große weiße Scheibe aus Kunststoff ist das Lager. Links und rechts sind kleine Silikonschlauchstücke zur Zentrierung angebracht und die kleinen weißen Scheiben aus Kunststoff rechts und links dienen dazu, die Reibung zu den Silikonstücken zu verkleinern.
Der Hubraum des Arbeitszylinders beträgt ca. 2 Kubikzentimeter. Das Volumen des Verdrängerkolbens (und somit die "aktive" Luft) beträgt ca. 50 Kubikzentimeter. Das Volumenverhältnis ist somit ca. 1:25 oder 4%.
Nehmen wir eine durchschnittliche Arbeitstemperatur von 300 K (=27 Grad Celsius) an. Das Volumen ändert sich um 4%, dann ändert sich in erster Näherung die Temperatur ebenfalls um 4% also um ca. 12 Grad. Dies erklärt auch, warum Stirlingmotoren dieser Größenordnung schon mit der Wärme der Hand laufen können, wenn sie sehr sauber und reibungsarm aufgebaut sind.
Bei dem hier vorgestellten Modell liegt jedoch die Reibung so hoch, dass eine deutlich höhere Temperaturdifferenz zum Betrieb nötig ist.
Trotzdem läuft dieses Modell mit ca. 500g heißen Wassers ca. 30 Minuten - wobei das Problem die Erwärmung der oberen Platte ist: mit etwas Eis läßt sich die Laufzeit verlängern.

Von diesem Modell ist hier ein Video zu sehen.
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Anwendung

Die hier erwähnten Anwendungen des Stirlingmotors erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Zuerst mal, wofür ein Stirlingmotor weniger geeignet ist: Der direkte Antrieb eines Kraftfahrzeugs ist sehr problematisch, da die Drehzahl dieses Motors sich nur sehr schlecht regeln läßt. Denkbar wäre jedoch ein Stirlingmotor, der mit konstanter Drehzahl läuft, einen Generator antreibt und das Fahrzeug dann mit dem erzeugten Strom fährt.
Ein sinnvoller Einsatz von Stirlingmotoren kann die Nutzung von "Abwärme" sein. So gibt es schon Kleinblockheizkraftwerke auf dem Markt, dei denen die Abwärme der Heizung einen Stirlingmotor zur Erzeugung elektrischer Energie antreibt.
Ein großes Potential ist jedoch bei der Nutzung der Sonnenenergie zu erwarten. So sind Solar-Stirlingmotoren als Antrieb von Stromgeneratoren als auch als Antrieb von Wasserpumpen vor allem in afrikanischen Ländern schon im Einsatz.
Stirlingmotoren höherer Leistung arbeiten mit relativ hohen Drücken - auch werden als Gas manchmal anstatt Luft andere Gase genutzt.
Technisch unterscheidet man verschiedene Stirling-Konstruktionen, so wird von Alpha-, Beta- und Gamma-Stirlingmotoren gesprochen - das Grundprinzip ist jedoch allen gemeinsam: "Warmes Gas dehnt sich aus und umgekehrt."
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